Flüchtlinge haben meist nur eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis. Daher können sie nicht sofort eine Krankenversicherung abschließen. Trotzdem haben sie Rechtsanspruch auf eine medizinische Grundversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und einen eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsleistungen. Was das genau bedeutet, welche Leistungen abgedeckt sind und ab wann Flüchtlinge, Asylbewerber und Geduldete in der gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, erfahren Sie in diesem Artikel.
Inhaltsangabe:
- Allgemeine Regelung für Flüchtlinge
- Haben alle Flüchtlinge Anspruch auf Krankenkassenleistungen?
- Wo können Flüchtlinge eine Krankenversicherung beantragen?
- Wann sind Flüchtlinge voll krankenversichert?
- Krankenversicherung für Flüchtlinge nach Status: Ein Überblick
- Wie funktioniert das deutsche Gesundheitssystem?
- FAQ zu Krankenversicherung für Flüchtlinge
Regelung für Flüchtlinge: Medizinische Notversorgung
Wenn Sie nach Deutschland geflüchtet sind und Asyl suchen, haben Sie zunächst keine Krankenversicherung als Flüchtling. ABER: Deutschland hat sich international verpflichtet, schutzbedürftigen Personen zu helfen und muss Flüchtlingen eine medizinische Hilfe zur Verfügung stellen. Deshalb können sich laut Bundesministerium für Gesundheit Geflüchtete an das Sozialamt oder das Gesundheitsamt wenden und medizinische Hilfe im Rahmen der Asylbewerberleistungen (§4 und §6 des Asylbewerberleistungsgesetzes) beantragen. Die Kosten trägt in der Regel das zuständige Sozialamt.
Zur gesundheitlichen Notversorgung für Flüchtlinge und Asylsuchende gehören:
- die Behandlung bei einem Arzt,
- die Behandlung bei einem Zahnarzt,
- erforderliche Schutzimpfungen,
- medizinisch gebotene Vorsorgeuntersuchungen,
- in lebensbedrohlichen Situationen auch Notfallbehandlung im Krankenhaus.
Die Behandlung chronischer Erkrankungen wird meist nicht übernommen. Doch laut §6 AsylbLG können weitere Leistungen im Einzelfall beantragt werden. Ob Flüchtlinge und Asylsuchende die “Kann-Leistungen” erhalten, liegt allerdings im Ermessen der Behörde. Betroffene mit besonderen Behandlungsbedarf wie Opfer von Menschenhandel, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sexuelle Gewalt erlitten haben, muss diese Art der Leistung gewährt werden.
Haben alle Flüchtlinge Anspruch auf Krankenkassenleistungen?
Generell werden alle Flüchtlinge medizinisch versorgt, die:
- akut erkrankt sind,
- unter Schmerzen leiden,
- schwanger sind.
Allerdings gibt es auch besonders schutzbedürftige Personen, wie Kinder, werdende Mütter, Opfer von Folter und Gewalt sowie Menschen mit Behinderung. Bei der medizinischen Versorgung werden ihre Bedürfnisse besonders berücksichtigt.
Wo können Flüchtlinge eine Krankenversicherung in Deutschland beantragen?
Obwohl Flüchtlinge und Asylbewerber keine gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland erhalten, bietet Deutschland eine medizinische Grundversorgung. Doch wie können Flüchtlinge diese in Anspruch nehmen?
Bereits bei der Einreise nach Deutschland, müssen alle Flüchtlinge in der Erstaufnahmestelle eine medizinische Untersuchung durchlaufen, um eventuelle gesundheitliche Risiken zu erkennen. Falls notwendig, stehen weitere Untersuchungen an. Auch in Bezug auf physische Erkrankungen stehen viele Erstaufnahmezentren mit Spezialisten in Kontakt, die eine Sprechstunde anbieten.
Wenn Flüchtlinge im weiteren Verlauf des Aufenthalts erkranken oder eine medizinische Untersuchung benötigen, müssen sie zum zuständigen Sozialamt oder Gesundheitsamt in Ihrem Wohnort. Dort erhalten die Betroffenen entweder pro Quartal einen Behandlungsschein für eine Arztbehandlung oder eine elektronische Gesundheitskarte. Die Regelungen sind allerdings je nach Bundesland unterschiedlich.
1. Bundesländer in denen die elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge eingeführt wurde:
- Brandenburg,
- Berlin,
- Bremen,
- Hamburg,
- Schleswig-Holstein,
- Thüringen.
Wissenswertes zur elektronischen Gesundheitskarte: Flüchtlinge können erst eine elektronische Gesundheitskarte beim örtlichen Sozialamt erhalten, wenn sie die Erstaufnahmeeinrichtung verlassen haben und in den Gemeinden untergebracht sind. Da die Beantragung der Krankenversicherungskarte etwas dauert, bekommen die Hilfesuchenden zunächst einen vorläufigen Abrechnungsschein. Die Krankenkasse können die Flüchtlinge nicht frei wählen, da jede Gemeinde von einer bestimmten gesetzlichen Krankenkasse betreut wird. Mit der elektronischen Gesundheitskarte erhalten Flüchtlinge und Asylbewerber allerdings auch nur Zugang zur Notversorgung.
2. Bundesländer, in denen die Gesundheitskarte für Flüchtlinge teilweise (je nach Kommune) eingeführt wurde:
- Nordrhein-Westfalen (zum Beispiel in NRW derzeit 22 von 396 Kommunen)
- Rheinland-Pfalz,
- Niedersachsen.
3. Bundesländer, in denen die Gesundheitskarte für Flüchtlinge gar nicht eingeführt wurde:
- Sachsen,
- Sachsen-Anhalt,
- Bayern,
- Baden-Württemberg,
- Saarland,
- Mecklenburg-Vorpommern,
- Hessen.
Gut zu wissen: In den Bundesländern, in denen die elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge nicht eingeführt wurde, müssen Betroffene Behandlungsscheine beim Sozial- und/oder Gesundheitsamt vor dem Arztbesuch beantragen. Wenn der Arzt im Zuge der Behandlung Arzneimittel verordnet oder den Betroffenen in ein Krankenhaus einweisen will, muss das Amt dies erneut bewilligen. Diese Prozedur ist für erkrankte Patienten durch die hohen bürokratischen Hürden sehr umständlich.
Wann sind Flüchtlinge voll krankenversichert?
Wie Sie bereits weiter oben erfahren haben, haben alle Menschen in Deutschland ein Recht auf eine medizinische Grundversorgung. Ob Flüchtlinge, Asylbewerber oder Geduldete umfangreichere Gesundheitsleistung erhalten und der Zugang zu medizinischer Behandlung erweitert wird, entscheiden Dauer und Status des Aufenthalts.
- Flüchtlinge, die sich seit 18 Monaten in Deutschland aufhalten: nach 18 Monaten Aufenthalt erhalten Flüchtlinge eine elektronische Gesundheitskarte und haben Anspruch auf Leistungen, die der gesetzlichen Krankenversicherung ähneln. Die elektronische Gesundheitskarte ist somit einer Krankenversicherung für Flüchtlinge gleichzusetzen. Somit erhalten alle Asylsuchenden die gleichen Leistungen wie gesetzlich Versicherte und somit auch die Leistungen nach dem Leistungskatalog der GKV. Kostenträger ist aber nach wie vor das Sozialamt, eine tatsächliche Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung besteht nicht. (Quelle: BAfF e.V.) Die Gesundheitskarte für Asylsuchende ist keine europäische Krankenversicherungskarte, sondern gilt nur in Deutschland!
- Flüchtlinge mit einem deutschen Aufenthaltstitel: Flüchtlinge, die eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, treten der gesetzlichen Krankenversicherung bei, da in Deutschland Versicherungspflicht besteht. Die Krankenkasse bezahlt in der Regel die Kosten und sie haben damit auch Anspruch auf die Versorgungsleistungen der gesetzlichen Krankenkasse. (Quelle: Handbook Germany)
- Geflüchtete ohne legalen Status: für Menschen ohne Aufenthaltsstatus ist der Zugang zu medizinischer Versorgung stark eingeschränkt und erschwert. Da bei einem Arztbesuch die Gefahr der Abschiebung droht, gehen die Betroffenen erst bei stark verschlimmerter Krankheit zu Ärzten. Anstatt zu warten, können sie aber auch ehrenamtliche oder karitative Hilfe oder eine Behandlung auf Basis des anonymen Behandlungsscheins in Anspruch nehmen. Anonyme Behandlungsscheine werden oft von unabhängigen Flüchtlingsorganisationen vergeben.
Krankenversicherung für Flüchtlinge nach Status: Ein Überblick
Status | Aufenthaltstitel | Bedeuting | Krankenversicherung |
---|---|---|---|
Anerkannte Flüchtlinge |
Aufenthalts- erlaubnis | Der Asylantrag wurde positiv entschiede |
Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis sind i.d.R. gesetzlich in der Krankenkasse versichert. |
Asylbewerber |
Aufenthalts- gestattung |
Das Asylverfahren läuft noch und ist noch nicht entschieden. |
Über 18 Monate Aufenthalt: elektronische Gesundheitskarte & fast dieselben Leistungen wie gesetzlich Krankenversicherte |
Geduldete | Duldung |
Der Asylantrag wurde abgelehnt, die Abschiebung jedoch ausgesetzt.. |
Unter 18 Monate Aufenthalt: medizinische Grundversorgung Über 18 Monate Aufenthalt: elektronische Gesundheitskarte & fast dieselben Leistungen wie gesetzlich Krankenversicherte |
Ausreisepflichtig | Grenzübertritts- bescheinigung |
Sie werden von der Ausländerbehörde aufgefordert, das Bundesgebiet innerhalb einer bestimmten Frist zu verlassen. |
Unter 18 Monate Aufenthalt: medizinische Grundversorgung Über 18 Monate Aufenthalt: elektronische Gesundheitskarte & fast dieselben Leistungen wie gesetzlich Krankenversicherte |
Wie funktioniert das deutsche Gesundheitssystem?
Das deutsche Gesundheitssystem setzt sich aus Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern zusammen. In der Regel ist der erste Ansprechpartner der Hausarzt. Sofern der Betroffene keine akute Erkrankung hat, muss er einen Termin beim Arzt vereinbaren. Bei kritischen oder spezialisierten Gesundheitsproblemen wird der Hausarzt den Patienten an einen Facharzt oder in ein Krankenhaus überweisen. Wenn keine weitere Behandlung erforderlich ist, kann es sein, dass ein Rezept für Medikamente ausgestellt wird. Dieses Rezept wird dann in der Apotheke eingelöst.
Um im Krankenhaus behandelt zu werden, benötigt jede Person eine Überweisung von einem Arzt. Wichtig ist zu beachten: Jeder sollte nur in Notfällen direkt ins Krankenhaus gehen.
Beispiele für solche Notfälle sind:
- Plötzliche Atemnot, starke Schmerzen oder Schwindel
- Unfälle oder Verletzungen
- Komplikationen während der Schwangerschaft
- Gefahr durch Drogenmissbrauch oder Vergiftungen
- Suizidgefahr
- Ein allergischer Schock
- Bewusstseinsstörungen
In diesen dringenden Fällen ist es am besten sofort ins Krankenhaus zu gehen oder den Notarzt unter der Telefonnummer 112 zu rufen.
Wenn Geflüchtete nur wenig Deutsch sprechen, ist es beruhigend zu wissen, dass viele Ärzte in Deutschland Englisch sprechen. Dennoch ist es ratsam, eine Person mitzunehmen, um Missverständnisse zu vermeiden. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Broschüre Ratgeber Gesundheit für Asylsuchende.
FAQ zu Krankenversicherung für Flüchtlinge
- Welche Ärzte kann ich mit einer Krankenversicherung für Flüchtlinge aufsuchen?
Wenn Sie gerade in Deutschland angekommen sind, findet eine erste ärztliche Untersuchung in der Erstaufnahmeeinrichtung statt, bei der Sie bei akuten Erkrankungen behandelt werden. Wichtig zu wissen: Diese Untersuchung wirkt sich nicht auf Ihr Asylverfahren aus! Sollten Sie später Ärzte aufsuchen müssen, dann achten Sie darauf, dass Ihr Arzt auch Kassenpatienten behandelt und nicht nur privatversicherte Patienten.
- Wer zahlt die Krankenversicherung für Flüchtlinge?
Solange die Flüchtlinge noch im Asylbewerberverfahren stecken und noch keinen deutschen Aufenthaltstitel besitzen, werden die Kosten nicht von den Krankenkassen, sondern vom deutschen Sozial- oder Gesundheitsamt - also von Steuergeldern - bezahlt. Sobald Flüchtlinge einen legalen Aufenthaltstitel haben, sind sie bei einer Krankenkasse pflichtversichert und die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.
- Können Flüchtlinge eine psychiatrische Behandlung erhalten?
Flüchtlinge, Asylbewerber und Menschen mit Duldung können eine Therapie beim Sozialamt beantragen. Allerdings liegt die Entscheidung immer im Ermessen der Behörde. Anschließend findet eine Begutachtung und Einschätzung durch einen Arzt statt. Entsprechende Anträge werden laut Handbook Germany allerdings oft abgelehnt, weil die Behörden Therapien für Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus nicht bezahlen wollen. Laut der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. muss die nötige Gesundheitsleistung für Kriegsflüchtlinge und traumatisierte Flüchtlinge (z. B. Opfer von Menschenhandel, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben) gewährt werden.
- Was kann ich als Flüchtling ohne Papiere tun, wenn ich krank bin?
Grundsätzlich haben auch Flüchtlinge ohne Papiere Anspruch auf eine medizinische Versorgung bei akuten Erkrankungen. Den Krankenschein können sie beim Sozialamt abholen, allerdings bedeutet das gleichzeitig auch, dass ihre Daten an die Ausländerbehörde weitergeleitet werden. Um bei Angst vor Abschiebungen dennoch ärztlich behandelt werden zu können, gibt es Organisationen, die Menschen ohne Papiere anonym und kostenlos behandeln. Folgende Webseiten helfen Ihnen weiter: Gesundheit ein Menschenrecht, Malteser und Medibüros.
- Wie sind ukrainische Flüchtlinge in Deutschland versichert?
Ukrainische Flüchtlinge haben laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Sonderstatus. Seit dem 1. Juni 2022 haben Ukrainer Zugang zur gesetzlichen deutschen Krankenversicherung (GKV) und somit auch zur sozialen Pflegeversicherung. Damit erhalten sie den Zugang zum vollen Leistungsumfang der GKV und müssen nicht erst 18 Monate warten, sondern haben sofort die gleichen Leistungen wie alle gesetzlichen Versicherten.
- Können Flüchtlinge, die in Deutschland studieren, eine Krankenversicherung abschließen?
Wenn Geflüchtete sich für eine Hochschulausbildung in Deutschland einschreiben, dann haben sie das Recht, in die gesetzliche Krankenversicherung einzutreten. Sie haben die gleichen Leistungen wie andere in Deutschland ansässige Personen. Für geflüchtete Personen gelten die gleichen Bedingungen wie für andere internationale Studierende, um an einer deutschen Hochschule zu studieren. Wenn der Flüchtlingsstatus (Asylbewerber, anerkannter Flüchtling etc.) feststeht, ist es besonders unproblematisch. Aber auch, wenn das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist oder ein Duldungsstatus vorliegt, haben Flüchtlinge die gleichen Bedingungen wie andere internationale Studieninteressierte.
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Was ist der Unterschied zwischen Flüchtlingen und Asylbewerbern?
Flüchtling ist der allgemeine Begriff für Menschen- die aus Not in ein anderes Land fliehen. Sie können den Status als anerkannter Flüchtling in Deutschland erhalten. Asylbewerber sind wiederum Flüchtlinge - die sich im Asylverfahren befinden. In dem Verfahren beurteilt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)- ob ein Bewerber asylberechtigt ist- ob er den Flüchtlingsstatus erhält oder ob beides verweigert wird.
Kann ein Flüchtling in Deutschland arbeiten?
In den ersten 3 Monaten nach Ankunft dürfen Geflüchtete nicht arbeiten. Auch wenn sie noch in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen müssen - dürfen sie nicht arbeiten. Sind sie noch im Asylverfahren oder werden geduldet - dann dürfen sie nach 3 Monaten eingeschränkt arbeiten - aber nur mit der Erlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde und der Bundesagentur für Arbeit. Anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre und eine Arbeitserlaubnis.
Gibt es eine private Krankenversicherung für Flüchtlinge?
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